Training mit PferdeSinn

Mein Ziel ist es, dass mein Pferd Spaß an der gemeinsamen Zeit mit mir hat und sich sich dadurch zu tatsächlich freiwilliger Mitarbeit entschließt. Und, dass es durch mein Training eine bessere Version seiner selbst wird – souverän und agil. Welches Ziel hast du mit deinem Pferd?

Zwangfreies Pferdetraining

Die Grundpfeiler

Training mit PferdeSinn basiert auf Freiwilligkeit statt Zwang. Aber warum sollte ein Pferd freiwillig mitarbeiten, gerade wenn es um anstrengende Lektionen oder unangenehme Situationen geht? Ganz einfach: weil es motiviert ist. Weil es gerne lernt und dir vertraut, dass du es nicht überforderst. Weil es Vertrauen in sich selbst hat, dass es Herausforderungen meistern kann. Und daran wächst. ✌

Stolz und selbstbestimmt – Ísungur ist dank zwangfreiem Training erst so richtig aufgeblüht. Foto: Birgit Finta

Ich setze dafür auf zwei Grundsätze: Autonomie und positive Verstärkung mittels Leckerlis (mehr dazu erfährst du auch unter Die PferdeSinn-Philosophie). Wenn du nun Sorge hast, dass dein Pferd damit unartig oder frech wird, kann ich dich beruhigen: kein Pferd strebt nach Weltherrschaft. „Autonomie“ ist auch nicht gleichbedeutend mit „Anarchie“ – das heißt, nur weil du deinem Pferd in bestimmten Bereichen Entscheidungsfreiheit gibst, musst du nicht jedes Verhaltensmuster akzeptieren.

Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.
Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.
—Astrid Lindgren

Viele Pferdemenschen scheuen sich auch vor dem Einsatz von Leckerlis und fragen daher: geht das auch ohne? Ja, aber meistens deutlich schlechter – das ist aber abhängig vom einzelnen Pferd und kann nicht pauschal beurteilt werden. Wenn du Leckerlis jedoch systematisch zur Belohnung einsetzt, dann hast du keine negativen Konsequenzen zu befürchten. Vielmehr eröffnest du damit einen Dialog zu deinem Pferd.

Stolz und selbstbestimmt – Ísungur ist dank zwangfreiem Training erst so richtig aufgeblüht. Foto: Birgit Finta
Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.
Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.
—Astrid Lindgren

Training für den Körper

Inspiriert von Intrinzen

Power Posture (auch als Crunches bekannt) als Ausdruck des Selbstwertgefühls. Foto: Birgit Finta

Mein körperbezogenes Training ist inspriert von Intrinzen (intrinzen.horse). Diese Art von Training ist sehr konträr zur althergebrachten Biomechanik und der Dressur basierend auf dem Wissen der „alten Meister“. Stattdessen setzt es auf Prinzipien der modernen Motivations- und Bewegungslehre. Und nachdem ich selbst den Zauber dieser Philosophie erleben durfte, hat mich dieser Ansatz sehr geprägt. Da man tief in die Materie eintauchen muss um Intrinzen wirklich zu verstehen, ist es unmöglich diese in wenigen Sätzen zu erklären. Im Folgenden möchte ich daher nur auf zwei der zahlreichen Konzepte näher eingehen.

Propriozeption

Viele Pferdeprobleme sind auf schlechte Körperwahrnehmung zurückzuführen. Stolpern, Ausschlagen, Steifheit udgl. rühren oftmals daher, dass das Pferd einzelne Bereiche seines Körpers nur ungenau wahrnimmt. Training mit PferdeSinn besteht daher oftmals darin, das Körpergefühl des Pferdes zu schulen, damit bestimmte Bewegungsmuster überhaupt möglich werden. Wenn sich das Pferd besser spürt, kann es seinen Körper nicht nur effizienter und sicherer einsetzen, sondern dadurch werden überhaupt erst geschmeidige Bewegungen möglich.

Die Matte – eines von vielen Trainingswerkzeugen, um die Körperwahrnehmung zu verbessern.

Das wichtigste Werkzeug für verbesserte Propriozeption ist aber oftmals gar kein spezifisches Training, sondern die Haltungsform für das Pferd (siehe Haltung mit PferdeSinn). Denn mit gezielter Optimierung des täglichen Lebens trainiert dein Pferd quasi ganztags nebenbei seine Körperwahrnehmung.

Selbstorganisation: der dynamische Organismus

Ein großer Unterschied zu konventionellem Training besteht darin, dass das Pferd lernt seinen Körper selbst zu organisieren. Das Pferd wird dabei nicht als einfacher mechanischer Apparat gesehen, sondern als komplexer dynamischer Organismus. Ziel ist, dass das Pferd nicht auf „Hilfen“ des Menschen/Reiters angewiesen ist, sondern seinen Körper auch ohne den Menschen koordinieren und situativ bestmöglich einsetzen kann. Bewegungen werden dabei nicht als Selbstzweck produziert, sondern um ein Bewegungsziel zu erreichen (z. B. „Verbeugen“, um an das Gras unter dem Zaun zu kommen). Solche Bewegungsmuster, die das Pferd selbst erzeugt um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen, werden vom Gehirn besser abgespeichert und sind vom Pferd schneller „abrufbar“. 🧠

Ich: Kannst du auf dieser wackeligen Wippe balancieren?
Ísungur: Hold my beer!
Foto: Birgit Finta

Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass damit die Selbstwirksamkeit des Pferdes gestärkt wird, was wiederum direkte Auswirkung auf die Motivation hat. Wenn du deinem Pferd eine Herausforderung gibst, die es selbst lösen kann, wird es sich danach aufgebaut fühlen und sich stolzer präsentieren. Und genau damit kommen ausdrucksstarke Bewegungsmuster zustande.

Power Posture (auch als Crunches bekannt) als Ausdruck des Selbstwertgefühls. Foto: Birgit Finta
Die Matte – eines von vielen Trainingswerkzeugen, um die Körperwahrnehmung zu verbessern.
Ich: Kannst du auf dieser wackeligen Wippe balancieren?
Ísungur: Hold my beer!
Foto: Birgit Finta

Training für den Alltag

Täglicher Umgang

Training mit PferdeSinn steht aber nicht nur für Bewegungstraining, sondern auch für Alltagstraining. Für viele Pferde ist beispielsweise entspanntes Spazierengehen, Verladen, ruhiges Stehen am Putzplatz o. ä. eine große Herausforderung und eine enorme Belastung für ihre Besitzer. Solche Themen lassen sich ideal mit positiver Verstärkung üben: das Pferd lernt, diese Situationen mit etwas Angenehmen zu verbinden. Wenn du deinem Pferd dabei signalisierst „ich höre auf dich, ich werde dich nicht überfordern“, dann wird es sich auch in stressigen Momenten nicht aus der Ruhe bringen lassen. 😎

Gemeinsam Herausforderungen meistern stärkt die Beziehung.

Aber auch Probleme im täglichen Miteinander (z. B. Beißen, Losreißen udgl.) lassen sich auf diese Art beheben. Und zwar nachhaltig: weil dein Pferd lernt, dass es von dir nichts zu befürchten hat, sondern dir vertrauen kann. Training mit PferdeSinn heißt, die Ursachen für solche Beziehungsprobleme zu finden und aufzulösen, nicht bloß Symptome zu kaschieren.

Medical Training

Im Laufe eines Pferdelebens gibt es immer wieder unangenehme oder schmerzhafte Prozeduren, die ein Pferd erdulden sollte. Im besten Fall sind das „nur“ regelmäßige Impfungen, Wurmkuren oder Hufbearbeitung, im schlimmsten Fall handelt es sich um Verletzungen und akute (Wund-)Versorgung. Solche Situationen laufen häufig sehr stressig ab – das müssen sie aber nicht! Wenn du dein Pferd richtig darauf vorbereitest, hast du bald eine „coole Socke“, die entspannt auch ungewohnte oder schmerzhafte Abläufe meistert.

Beim Medical Training lernt das Pferd, dass es auch bei unangenehmen Behandlungen die Kontrolle über die Situation behält und nicht überfordert wird. So wird sich dein Pferd der nächsten Herausforderung mit Enthusiasmus statt Furcht stellen.
Gemeinsam Herausforderungen meistern stärkt die Beziehung.
Beim Medical Training lernt das Pferd, dass es auch bei unangenehmen Behandlungen die Kontrolle über die Situation behält und nicht überfordert wird. So wird sich dein Pferd der nächsten Herausforderung mit Enthusiasmus statt Furcht stellen.

Umsetzung in der Praxis

Ausrüstung

Unübliche Objekte lösen oft Neugierde beim Pferd aus und eignen sich dadurch ideal als Trainingstools. Der „Klassiker“ hierbei ist die Schwimmnudel, aber deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Schon mal mit Fliegenklatsche, Frisbee, Handtuch, Turnmatte, Stofftier oder Glöckchen traininiert? Foto: Birgit Finta

Für Training mit PferdeSinn ist es weniger ausschlaggebend welches Equipment du am Pferd hast, sondern welche Objekte du für dein Pferd parat hältst. Das heißt, ich arbeite viel über die Gestaltung der Umwelt (das ist auch ohne Reitplatz möglich) und deine eigene Kreativität ist dabei der wichtigste Faktor.
Zusätzlich empfehle ich den Einsatz eines Clickers, gerade zum Einsteigen in diese Art von Training. Und, ganz wichtig: Leckerlis! 🥕

Kombination mit anderen Trainingsweisen

Wenn du möchtest, dass dein Pferd ehrlich motiviert ist und aus freien Stücken mit dir gemeinsam arbeitet, dann musst du dich dafür vielleicht von bisherigen Glaubenssätzen trennen. Dem Dominanzkonzept, zum Beispiel. Denn wenn du danach strebst dein Pferd zu dominieren, dann wird es wenig Freude an der gemeinsamen Zeit haben. Daher ist die Kombination mit anderen Trainingsmethoden nicht immer möglich. Beispielsweise ist Natural Horsemanship quasi das exakte Gegenteil dieser Philosophie.

Training auf der Weide oder am Paddock eignet sich ideal als Einstieg in die Arbeit mit PferdeSinn, weil dies ein sehr klar getrennter Kontext vom „normalen“ Trainingsbereich ist.

Die Umstellung auf autonomiebasiertes und belohnungsorientiertes Training sollte daher bewusst gemacht werden. Idealerweise startest du damit zunächst in einem kleinen, klar abgegrenzten Rahmen (einem bestimmten „Kontext“), bevor du die neue Herangehensweise auf mehrere Bereiche ausdehnst. Du kannst beispielsweise einen bestimmten Ort dafür auswählen, den du für keine andere Art von Training verwendest. Oder bestimmtes Equipment. Je mehr solcher Kriterien es gibt, desto besser wird dein Pferd unterscheiden können, welcher „Modus“ gerade angesagt ist. So vermeidest du Verwirrung und Frust bei deinem Pferd.

Unübliche Objekte lösen oft Neugierde beim Pferd aus und eignen sich dadurch ideal als Trainingstools. Der „Klassiker“ hierbei ist die Schwimmnudel, aber deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Schon mal mit Fliegenklatsche, Frisbee, Handtuch, Turnmatte, Stofftier oder Glöckchen traininiert? Foto: Birgit Finta
Training auf der Weide oder am Paddock eignet sich ideal als Einstieg in die Arbeit mit PferdeSinn, weil dies ein sehr klar getrennter Kontext vom „normalen“ Trainingsbereich ist.

Bereit für zwangfreies Pferdetraining?

PferdeSinn erlernen

Du willst die Beziehung zu deinem Pferd verbessern? Du willst ein bestimmtest Problem lösen? Du willst die Magie spüren, wenn dir dein Pferd freudig entgegen kommt und sich dir stolz in seiner Pracht präsentiert? Du willst auf seinem Rücken mitgenommen werden – und zwar weil es dein Pferd so will, und nicht weil es das muss? Dann tue es! Eigentlich ist es ganz einfach – du musst nur auf dein Herz hören. Und auf dein Pferd. 😉 Falls du das Gefühl hast, dass du das alleine nicht schaffst, helfe ich dir gerne:

Weiterschmökern am Ponyhof-Blog

Wenn du noch mehr über zwangfreies Pferdetraining erfahren möchtest, dann findest du dazu zahlreiche Beiträge auf meinem Blog. Hier geht’s direkt zu den Artikeln rund um positives Pferdetraining.